Nihilismus [lateinisch nihil »nichts«] der, allgemein jedes Denken,
das auf der Leugnung einer Erkenntnis-, Seins-, Wert- oder Gesellschaftsordnung
gründet. – Der Begriff Nihilismus wurde häufig polemisch verwendet, so für die
Leugnung Gottes und der Offenbarung. F. Nietzsche legte als Erster eine
nihilistische Deutung abendländischer Philosophie- und Religionsgeschichte vor
und nannte den Vorgang der Entwertung der obersten Werte Nihilismus, den es
durch eine Umwertung aller Werte1 zu überwinden gelte. (1862) die russischen Anarchisten als
Nihilisten; diese nahmen den Namen an und machten ihn populär.
Sekundärliteratur:
A. Kramer: Kultur der Verneinung. Negatives Denken in Literatur u. Philosophie
des 19. Jahrhunderts (2006).
Atheismus [zu griechisch átheos »ohne Gott«] der, die Leugnung der
Existenz eines Gottes jenseits der erfahrbaren Welt, einer göttlichen
Weltordnung oder des geltenden Gottesbegriffs.
Geschichte: Antike: Früheste Formen des Atheismus finden
sich in alten indischen Religionen ohne Gott, wie dem Dschainismus, dem Samkhya
und dem ursprünglichen Buddhismus. Letzterer spricht zwar von Göttern, sie sind
aber wie die Menschen in den innerweltlichen Kreislauf des Werdens und
Vergehens eingebunden, kommen also für die menschliche Erlösung nicht in
Betracht. In der griechischen Philosophie zeugen die Fragmente mancher
Vorsokratiker von einem Atheismus, wie die des Demokrit und Kritias, die die
Götter als menschliche Erfindung deuten, die ein wirksames Schreckmittel zur Erhaltung
der moralischen Ordnung bereitstellen sollen. Im Allgemeinen jedoch blieb der
Atheismus Sache intellektueller Einzelgänger, da in der Antike noch ein
naturreligiöses Lebensgefühl vorherrschte.
Mittelalter: Im christlichen Mittelalter gab es zwar keinen
ausformulierten Atheismus, seit dem 13. Jahrhundert nahm die Skepsis gegenüber
den kirchlichen Lehren aber zu. So wendete sich z. B. Siger von Brabant,
beeinflusst von Schriften des arabischen Aristoteleskommentators Averroes (Ibn
Ruschd), gegen die christliche Schöpfungs- und Seelenlehre (Averroismus).
Neuzeit: Zur Ausbildung eines verallgemeinerten Atheismus im
westlichen Geistesleben der Neuzeit tragen v. a. drei Ursachen bei: 1) der
christliche Schöpfungsglaube selbst; er führt zur Entsakralisierung und
Entgötterung der Natur; 2) die Entwicklung der Wissenschaften, v. a. der
Physik; sie praktizieren einen methodischen Atheismus, indem sie die Welt ohne
Zuhilfenahme Gottes als Erklärungsgrund zu verstehen suchen. Vom methodischen
Atheismus führte die Entwicklung zum doktrinären Atheismus einiger
französischer Aufklärer (Voltaire), zu den deutschen Materialisten des 19.
Jahrhunderts (L. Büchner, E. Haeckel) bis zur Systematisierung des dialektischen
Materialismus (Marxismus) durch F. Engels; 3) die Entwicklung der Lehre vom
Menschen; dem humanistischen Atheismus erscheint die Annahme eines Gottes nicht
mit der freien Selbstverwirklichung des Menschen vereinbar. So verwerfen L.
Feuerbach, der auf ihm aufbauende marxistische Atheismus und die
Existenzphilosophie (J.-P. Sartre) Gott als »Konkurrenten«.
Sekundärliteratur:
H. G. Pöhlmann: Der Atheismus oder der Streit um Gott (71996); W. Schröder:
Ursprünge des Atheismus Untersuchungen zur Metaphysik- u. Religionskritik des
17. u. 18. Jahrhunderts (1998); A. McIntyre und P. Ricœur: Die religiöse Kraft
des Atheismus (aus dem Amerikanischen, 2002); C. Gärtner: Atheismus und
religiöse Indifferenz (2003).
Fatalismus [zu lateinisch fatalis »vom Schicksal bestimmt«] der,
Glaube an Vorherbestimmung, ergebungsvoller Schicksalsglaube.
Epikur, griechisch Epikuros, griechischer
Philosoph, * Samos 341 v. Chr., † Athen 271 v. Chr., als Haupt der von ihm 306
gegründeten Philosophenschule. Der Kern der Philosophie Epikurs ist die Ethik
(Naturerkenntnis ist lediglich Mittel), ihr Ziel, durch richtiges Denken ein
glückseliges Leben zu gewinnen. Der Maßstab der Wahrheit ist die sinnliche
Wahrnehmung, auf die sich auch alle Vernunfterkenntnis aufbaut. Wahre
Glückseligkeit (Eudämonie) als Wesen des Sittlichen sei nicht durch grobe
Sinnenlust, sondern nur durch weise Abwägung des Genusses, durch
Selbstbeherrschung, Tugend, Gerechtigkeit erreichbar. Ihre höchste Form sei die
unerschütterliche Ruhe der Seele (Ataraxie). Epikurs Lehre wurde oft zum
Hedonismus vergröbert.
Sekundärliteratur:
M. Hossenfelder: Epikur (21998); C.-F. Geyer: Epikur zur Einführung
(2000).
Quelle: http://lexikon.meyers.de/meyers/
[1] Umwertung aller Werte, von
F. Nietzsche geprägte Formulierung für die von ihm als Akt »höchster
Selbstbesinnung der Menschheit« geforderte Ablösung der in seinen Augen leer
und wirkungslos gewordenen traditionellen Werte durch eine am Gesichtspunkt der
Erhaltung und Steigerung des Lebens orientierte »Immoral«, wie sie im
Geltungsstreben starker Individuen zum Ausdruck kommt; d. h. für die Umwertung
aller Werte ist Wert an den Bedingungen des »Willens zur Macht« zu bemessen,
der als immanente und säkulare Instanz des Begehrens sowie der Selbst- und
Lebensbejahung fungiert. In diesem Sinne steht die Umwertung aller Werte für
die von Nietzsche anvisierte »Überwindung des Nihilismus«.