BLATT 1
Spielarten
der Liebe
Hans-Werner
Bierhoff und Elke Rohmann
[...]
Das Erlebnis der Liebe ist nicht normiert,
sondern lässt mehrere Varianten des Fühlens und Handelns zu. „Es gibt viele
Arten zu lieben“, um es mit den Worten des kanadischen Soziologen John Alan Lee
auszudrücken, der entscheidend dazu beigetragen hat, unser Denken über Liebe zu
revolutionieren. Auf der Grundlage philosophischer und literarischer Texte und
von Befragungen hat er sechs Liebesstile abgeleitet, die in Analogie zu Farben,
die miteinander gemischt werden können, aufgefasst werden. Die einzelnen
Liebesstile werden in der Regel nicht isoliert auftreten sondern in
Kombination. So kann es etwa sein, dass die Liebesgefühle einer Person den
Akzent auf Freundschaft und Opferbereitschaft legen. Eine andere Person kann in
der Partnerschaft romantisch und besitzergreifend sein. Oder eine dritte Person
verliebt sich pragmatisch und spielerisch. Obwohl diese Kombinationen die
Realität der Liebe darstellen, ist es sinnvoll und gewinnbringend, jeden der
sechs Liebesstile einzeln zu betrachten:
Romantische Liebe [Eros] ist durch Leidenschaft
und die Betonung der sexuellen Zuneigung gekennzeichnet. Der Partner oder die
Partnerin wird als physisch attraktiv wahrgenommen. Man kann romantische Liebe
an der Zustimmung zu folgenden Feststellungen erkennen:
Spielerische Liebe [Ludus] ist dadurch
gekennzeichnet, dass sexuelle Freiheit und Ungebundenheit ausgelebt werden. Die
Eroberung eines neuen Partners löst das Gefühl aus, sexuell attraktiv zu sein.
Es geht an erster Stelle um eine Liebesaffäre und weniger um eine langfristige
Bindung. Auch die Ausprägung der spielerischen Liebe kann durch die Zustimmung
zu bestimmten Feststellungen ermittelt werden:
Freundschaftliche Liebe [Storge] ist das Ergebnis von
Gemeinsamkeiten in Interessen und Gewohnheiten. Die gute Kooperation der
Partner führt dazu, dass sie wenig Streit haben und dass Vertrauen und
Sicherheit in der Beziehung betont werden. Man erkennt freundschaftliche Liebe
an der Zustimmung zu den folgenden Feststellungen:
Besitzergreifende Liebe [Mania] ist vor allem durch
Eifersucht gekennzeichnet. Emotionale Höhen und Tiefen wechseln einander ab, je
nachdem, ob man sich des Partners momentan sicher ist oder sich verunsichert
fühlt. Die Gedanken an eine mögliche Untreue des Partners werden als quälend
und drängend erlebt. Die Zustimmung zu den folgenden Feststellungen beinhaltet
einen Hinweis auf die Vorherrschaft dieses Liebesstils:
Pragmatische Liebe [Pragma] betont die vernünftige Auswahl des Partners
oder der Partnerin. Die Partnerschaft wird deshalb gesucht, weil sie Vorteile
bringt. Auch diesen Liebesstil kann man aus bestimmten Feststellungen ableiten:
Altruistische Liebe [Agape] beruht auf Opferbereitschaft und
Selbstlosigkeit. Das Wohl des Partners wird vor das eigene Wohlergehen
gestellt. Zwei Feststellungen können diesen Liebesstil anschaulich machen:
[…]
Quelle: www.familienhandbuch.de