Bertolt Brecht - Galileo Galilei

 

Thema: Die drei Fassungen


Von der Forschung werden drei Fassungen von Bertolt Brechts Buch „Das Leben des Galilei“ unterschieden. Alle wurden noch zu Lebzeiten Brechts veröffentlicht und sind als erste, zweite, dritte Fassung, oder nach dem Ort ihrer Entstehung.

 

1. Fassung:

(dänische Fassung)

Die erste Fassung wurde 1938/39 von Bertolt Brecht im dänischen Skovsbostrand verfasst und beinhaltet 13 Szenen. Diese Fassung wird als Urfassung bezeichnet, welcher später noch eine 14 Szene hinzugefügt wurde.

Zwischen der dänischen und den späteren Fassungen gibt es eine Vielzahl von Unterschieden, die wichtigsten betreffen die 8. Szene („Haus des Galilei“), die 10. Szene („Palast der Medici“) und die 13. Szene („Landhaus“).

So werden in der 8. Szene zwei Textstellen komplett gestrichen, da sie Bezug auf das listige Verhalten unter repressiven politischen Verhältnissen nehmen.

Zum einen die Eröffnung der Szene, in der Galilei einen Vortrag hält, der verschiedene Zitate aus Bacons „Novum Organum“ enthält.

Zum anderen wird Galilei von älteren Gelehrten, die in späteren Fassungen gestrichen sind, gefragt ob man dem Dekret von 1616 folgen, aber trotzdem schweigen solle. Dies beantwortet er mit der Parabel: „Maßnahmen gegen die Gewalt“.

In der 13. Szene wird Galilei von seiner Tochter und einem Beamten der Inquisition bewacht, um nicht weiter an seinen Forschungen arbeiten zu können. Einem Arzt der ihn untersucht täuscht er vor erblindet zu sein.

Galileis Verhalten ist widersprüchlich, da er sich einerseits verurteilt, da er moralisch und politisch versagt hat, aber auch weitergeforscht hat und seine Ergebnisse veröffentlicht sehen will.

Im Frühjahr 1939 fügt er positiv wertende Anspielungen auf die geglückte Kernspaltung hinzu, welche aber ebenso wie die Ermahnung Galileis an Andrea in Deutschland vorsichtig zu sein, in der 2. Fassung gestrichen werden.

 

2.Fassung:

(amerikanische)

Die 2. Fassung entstand 1944-1947 im amerikanischen Santa Monica in Zusammenarbeit mit dem Amerikaner Charles Laughton. Die amerikanische Fassung beinhaltet wie die Urfassung 13 Szenen, aber nur 64 Seiten statt 103 Seiten.

Im Gegensatz zur 1. und 3. Fassung sind alle Szenen außer die 4., 9. und 11. mit Eingangsversen versehen.

Brecht löst sich in der amerikanischen Fassung mehr von seinen historischen Quellen, und gibt weniger wissenschaftliche Details, er konzentriert sich mehr auf das politische und soziale Verhalten.

Einige auffällige Unterschiede zwischen der dänischen und amerikanischen Fassungen sind:

1. Szene: - Galilei wird nicht als Mathematiker sondern als Physiker

            Vorgestellt.

- der dümmliche Theologiestudent Doppone wird durch den             standesbewussten Ludovico Marsili ersetzt

2. Szene: - Galilei stellt das Fernrohr selbst vor, anstelle des

            Kurators

4. Szene: - ist fast um die Hälfte des Umfangs gekürzt

            - der Streit der Knaben ist gestrichen

            - die Diskussion zischen Galilei und den Gelehrten des

            florentinischen Hofes ist gekürzt

4./5. Szene: - Die Pestszenen fallen weg

8. Szene: - völlig überarbeitet

            - es fallen u. a. weg: Bacon-Zitat, Andreas Bericht vom Disput             über schwimmende Körper, Keunos-Parabel (später:

            “Maßnahmen gegen die Gewalt“)

12. Szene: - Sorge Andreas, dass Galileis Standhaftigkeit vor der             Inquisition zu Galileis Tode führen wird, wurde ersetzt durch             die Sorge darum, das die Discorsi nicht veröffentlicht wird

13.Szene: - ist neu gefasst

            - die ersten Episoden der dänischen Fassung sind ebenso             wie die Schlussszene gestrichen

            - dafür: Apel Galileis an Zuschauer Sorge dafür zu tragen,             dass die Wissenschaft zum Nutzen der Menschheit

            Verwendet werde

 

 

 

3.Fassung:

(Berliner)

Die 3. Fassung entstand 1955/56 in Berlin. Allerdings sieht die Forschung drei verschiedene Textbestände als Berliner Fassung an. Dort liegen aber nur leichte Unterschiede vor.

Die Berliner Fassung hat 15 Szenen, zwar denselben Umfang  wie die dänische Fassung, aber weißt zu dieser größere Unterschiede auf als zur amerikanischen Fassung, da er viele thematische und szenische Veränderungen aus der amerikanischen Fassung in die Berliner übernahm. Trotzdem machte er Bertolt Brecht zahlreiche Streichungen aus der 2. Fassung wieder rückgängig. So werden u.a. die Pestszene, die Schlussszene, die Figuren der Dogen, Mucius und Cosmos wieder eingeführt. Ebenso der Eisengießer Matti, welcher aber in Vanni umbenannt wurde.

Des Weiteren werden an einigen Stellen die Handlungsmotive verändert, so will Galilei seine Forschungen in der Landessprache veröffentlichen, statt in Latein, da er sich dadurch eine revolutionäre Reaktion erhofft. Auch hat Galilei selbst Vorkehrungen für seine Flucht vor der Inquisition getroffen, und kann so das Angebot des Eisengießers ablehnen. Hinzu kommt das auch die negativen Tendenzen aus der amerikanischen Fassung verstärkt werden, z.B. Galileis Genusssucht, seine Rücksichtslosigkeit und seine Unterwürfigkeit, so wie auch sein Interesse an der Physik und Technik.

Vor allem wird der Gegensatz in den Wissenschaftsauffassungen verdeutlicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

INHALT

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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